Siegreich kehrt der Flottenbefehlshaber Otello aus einer Schlacht zurück. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms bemerkt er nicht, wie sich seine Widersacher formieren. Aufgrund der Hautfarbe angefeindet, missgönnt man ihm vor allem die Liebesbeziehung zu der angesehenen Desdemona. Der Offizier Jago, der Otello abgrundtief verachtet, plant, ihn mit einer diabolischen Intrige zu Fall zu bringen: Perfide weckt er in Otello mit fingierten Indizien Zweifel an der Treue Desdemonas. Otello geht Jago ins Netz und gerät in eine albtraumhafte Abwärtsspirale aus Hass und Verzweiflung mit tödlichen Folgen: Am Ende ermordet Otello seine Geliebte im paranoiden Wahn seiner rasenden Eifersucht.
Verdis OTELLO übertrifft an theatralischer Wirksamkeit noch die Vorlage Shakespeares durch eine konsequent an der Dynamik der Tragödie geführte, emotional packende musikdramatische Stringenz. Mit der Verknüpfung von lei- denschaftlichem Operngesang mit orchestraler Klangverdichtung innerhalb einer durchkomponierten Großform setzte Verdi im hohen Alter noch einmal Maßstäbe in der Entwicklung der Gattung. Die Uraufführung am 5. Februar 1887 an der Mailänder Scala gehört zu den Sternstunden der italienischen Oper.
Opernregisseurin Katharina Thoma, die bereits an Opernhäusern in Frankfurt, Dortmund, Karlsruhe, Göteborg, Straßburg, London sowie beim Glyndebourne Festival inszenierte, interessiert an OTELLO vor allem der hochwirksame Mechanismus der Intrige – die Absicht, mit gezielt lancierten „fake news“ das Urteilsvermögen, den freien Willen und die psychische Konstitution einer Persönlichkeit auf fatale Weise zu zersetzen.
„ Die musikalische Gestaltung, die stimmlichen Leistungen, das dramatische Spiel: alles war faszinierende Einheit und konnte einen den Abend lang in den Bann schlagen. […] So überraschende wie klare und fesselnde Bilder, mit denen Katharina Thoma die Geschichte erzählt. […] Und Yoontaek Rhim, den südkoreanischen Bariton, als Jago. Er hat alles: sprechende Mimik, treffsichere Gesten, eine faszinierende, nuancenreiche Stimme; und ist damit über Strecken die beherrschende Bühnenfigur. Karen Leiber spielt vor allem im letzten Akt ein dramatisches Format der Desdemona aus, das tief berührt. […] Ein großartiger Opernabend! “
„ […] zuerst muss der junge Schweriner Generalmusikdirektor Daniel Huppert genannt werden. Der neue „Otello“ am Schweriner Staatstheater gehört ihm, es ist seine Stunde. Vom wüsten Sturm-Chor des Beginns bis zum beklemmenden Todes-Duett am Ende ist er es, der die Fäden spinnt und spannt. […] In der Tat war der Koreaner Yoontaek Rhim die zentrale Figur, ein Bündel an Stimmkraft und Energie, Otellos Kreatur als sein übermächtiges anderes Ich. […] Desdemona erscheint im konventionellen langen rosa Kleid, zeitlos schön und mit nichts anderem als ihrer Hingabe geschmückt, aber ausgestattet mit einer bezaubernden Stimme: Karen Leiber. […] Diesen „Otello“ muss man gesehen haben. “
„ Sibylle Pfeiffer hat der Bühne Raum gegeben zum Atmen, ein monumentales Quadrat in die Mitte platziert, das an Drahtseilen beweglich mal Schiff im Sturm, mal Ehebett, mal Burg oder Schauplatz für gesellschaftliche Intrigen wird. Im zweiten Teil der Otello-Inszenierung steht das Quadrat als Wand bedrohlich im Raum – das offene Viereck in der Mitte, mal Fenster, Nachtlager und auch Sterbebett, verheißt Hoffnung, die nie erfüllt wird. […] Die Schweriner Inszenierung von Katharina Thoma besticht durch kleine Regieeinfälle, die große Bilder und magische Momente schaffen und folgt stringent dem Motto, je größer der Stoff, je besser die Vorlage, desto weniger ist nötig. […] Thoma führt eine neue Figur ein, die ins Existentialistische weist – den Dokumentafilmer (glänzend minimalistisch Khaled Dyab Agha). In seinem schwarzen Mantel still, staunend, fragend, erinnert er an „Der Fremde“ von Camus, streift durch die zypriotische Gesellschaft – beäugt, beschützt, spiegelt und dokumentiert sie mit seinem Smartphone. “